Die Entscheidung der OPEC+, die Produktion um weitere 1,16 Millionen Barrel pro Tag zu drosseln, hat den Ölmarkt in Aufruhr versetzt, und die Öl-Futures deutlich nach oben katapultiert. Die ersten Stimmen rufen erneut einen Ölpreis von über 100 USD aus und die Stimmung scheint sehr euphorisch zu sein, dass die Ölpreise jetzt wieder ansteigen werden. Viel wichtiger als der bloße Preisanstieg scheint aber das immer schlechter werdenden Verhältnis der US-Regierung zu Saudi-Arabien zu. Es scheint sogar so weit zugehen, dass Riad auf direktem Kollisionskurs mit den USA ist. Wir befinden uns mitten in einer großen Energiekrise, die sich an diesem Wochenende deutlich verschärft hat. Ein erneut stark ansteigender Ölpreis könnte die Wirtschaft erneut vor schwerwiegende Probleme stellen.
Eskaliert der Streit zwischen Saudi-Arabien und den USA?
Die überraschenden Kürzungen rücken also die Streitigkeiten zwischen Saudi-Arabien und den USA ins Zentrum der aktuellen Geschehnisse. Das Weiße Haus warf Saudi-Arabien im Oktober 2022 vor, sich auf die Seite Russlands zu stellen, weil Saudi-Arabien trotzt Energiekrise scheinbar auf Moskaus-Seite agiert und bereits bei früheren Opec-Entscheidungen für Produktionskürzung gestimmt hatte.
In der vergangenen Woche könnten sich die Ereignisse jedoch sogar zugespitzt haben, da Saudi-Arabien irritiert war, dass die Regierung Biden öffentlich neue Rohölkäufe ausschloss, um die strategischen Vorräte der USA wieder aufzufüllen, die letztes Jahr im Zuge des Kampfes des Weißen Hauses gegen die Inflation geleert worden waren. Zuvor hatte das Weiß e Haus Saudi-Arabien zugesichert, dass es bei einem Preisverfall für seine strategische Reserve einspringen würde.
Aufgrund der immer schlechter werdenden Beziehungen zwischen Riad und Washington verfolgt Saudi-Arabien in den letzten Monaten eine von den USA unabhängige Wirtschaftsstrategie und kooperiert mehr mit China und Russland.
OPEC kürzt die Fördermenge
Die OPEC+ hat am Wochenende eine freiwillige Produktionskürzung angekündigt, die im Mai beginnen und bis Dezember 2023 gelten sollen. Die Aufschlüsselung der Kürzungen ergibt sich wie folgt.
Saudi-Arabien: 500 Barrel
VAE: 144 Barrel
Oman: 40 Barrel
Kasachstan: 78 Barrel
Kuwait: 128 Barrel
Irak: 211 Barrel
Algerien: 48 Barrel
Das sind insgesamt 1,16 Barrel
Die Börse sieht diese Kürzungen als sehr bullish an und lässt den Ölpreis (Brent und WTI) deutlich ansteigen. Allerdings sollte man diese Kürzung auch im größeren Kontext betrachten, da eine Nachricht getriebene Herangehensweise zu simpel ist und keine Garantie für eine neue Hausse beim Ölpreis ist. Der Markt braucht schließlich einen Käufer und einen Verkäufer.
Wie sind die OPEC-Kürzungen für den Ölpreis zu werten?
Die Produktionskürzungen der OPEC sind auch ein Zeichen für einen schwachen Markt und dürften mittelfristig nicht zu steigenden Preisen führen. Russland hat sein Öl seit Beginn des Krieges erfolgreich geschafft, sein Öl auf Umwegen zu verkaufen, wie die wachsende Flotte von Tankern zeigt, die unter andern "Flaggen" operieren. Seit Beginn der Invasion in der Ukraine wurden fast 400 Tanker an unbekannte Käufer verkauft, was über 40 % aller Transaktionen ausmacht. Neben der Überschwemmung des Marktes mit russischem Öl, ist auch die Wiedereröffnung Chinas bisher alles andere als beeindruckend gewesen.
Es überrascht nicht, dass seit 1998 Produktionskürzungen und -erhöhungen zu Preisbewegungen in beide Richtungen geführt haben. Seit 1998 hat die OPEC 17 Produktionskürzungen angekündigt. In etwa 40 % der Fälle fielen die Preise im Folgemonat. In fast der Hälfte der Fälle waren die Preise auch im sechsten Monat nach einer Ankündigung niedriger. Förderkürzungen sind also nicht per se bullisch, sondern sollten dazu dienen, die Volatilität in den kommenden Monaten zu verringern (eine Form der Preisuntergrenze) und den Produzenten dabei helfen, einen besser zu kalkulierenden Preis für ihre Ware zu erreichen. Die Angebots-Nachfrage Situation ist also ebenfalls sehr wichtig und muss weiter beobachtet werden. Die Zeit wird es zeigen, wie sich die Kürzungen auswirken, allerdings gilt das Argument, dass ohne einen Anstieg über die 89 USD Marke im Ölpreis der Sorte Brent, der Abwärtstrend weiter intakt ist und damit erneute einen Abverkauf einläuten könnte. Nur ein Anstieg darüber würde die 100 USD-Marke auf den Preistafeln der Anleger erscheinen lassen.
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