Premiere in München und auch Premiere für den neuen Namen IAA Mobility, der den Weg der Messe, aber auch der gesamten Autoindustrie in die Zukunft weisen soll. Während die Reise- und Touristikbranche und auch selbst die Veranstaltungsbranche noch immer unter der Corona-Pandemie leiden, versucht Deutschlands Vorzeigebranche auf der heute startenden IAA den Neustart.
Messe und Branche vor dem Neustart
Die IAA 2021 in München ist die größte und modernste Mobilitätsveranstaltung der Welt und passt perfekt in eine Zeit, in der sich Europa aufmacht, der erste klimaneutrale Kontinent der Welt zu werden. Der Verkehr spielt in diesem Szenario eine besonders wichtige Rolle. Die Autohersteller versuchen dabei, die Bereiche Automobil, Digitales, Fahrrad und Stadtplanung für die Zukunft zu vereinen. Gleichzeitig ist der heutige Tag aber auch ein Neuanfang für die Messe selbst. Nach einem halben Jahrhundert in Berlin und fast sieben Jahrzehnten in Frankfurt hat die bedeutendste deutsche Automobilausstellung nun in der bayerischen Landeshauptstadt eine neue Heimat gefunden.
Nicht wirklich international
Eines lässt sich aber leider schon jetzt konstatieren: Messe und Branche ziehen, was das neue Konzept angeht, noch nicht an einem Strang. Es zeichnet sich ab, dass viele große Hersteller lieber ihr eigenes Süppchen kochen. Denn neben den drei großen deutschen Autobauern Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz nehmen nur noch Hyundai, Renault und ein paar Newcomer aus China an der Messe teil. Toyota, Stellantis, zu dem Marken wie Chrysler, Fiat und Opel gehören, und General Motors haben dankend abgelehnt. Tesla war ohnehin noch nie auf einer IAA, aber auch Volvo, Ferrari und Rolls-Royce bleiben der Veranstaltung fern.
Autoindustrie wieder im Angriffsmodus
Dabei geht es der Autoindustrie trotz Pandemie, Halbleiterknappheit und Lieferengpässen derzeit recht gut. Die Hersteller haben die Zeichen der Zeit erkannt und mittlerweile wieder in den Angriffsmodus geschaltet und investieren kräftig in neue Technologien und Modelle. Weltweit hat die Automobilindustrie noch nie so viel Geld verdient wie im ersten Halbjahr 2021. Die 16 größten Autokonzerne erwirtschafteten laut EY operative Gewinne in Höhe von 71,5 Milliarden Euro, verglichen mit einem Verlust von rund vier Milliarden Euro im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres. Einer der Gründe dafür: Wegen der dramatischen Verknappung von Computerchips setzen die Hersteller vorrangig auf die Produktion margenstarker und neuer Elektrofahrzeuge und Modelle und verdienen damit viel Geld.
Autonomes Fahren als wahrer Gamechanger
In den vergangenen zehn Jahren haben traditionelle Automobilhersteller und Technologieunternehmen gleichermaßen Milliarden von Dollar in die Verwirklichung der Vision fahrerloser Autos gesteckt. Das Ergebnis sind zwar diverse Fahrassistenzsysteme, die dem Fahrer so manches Detail abnehmen, steuern muss er das Fahrzeug aber noch selbst. Aufgrund technischer, vor allem aber auch regulatorischer Hürden dürfte sich die autonome Zukunft des Verkehrs zwar noch um einige Jahre verzögern, der Trend allerdings ist nicht mehr aufzuhalten. Diese Technologie dürfte der absolute und wahre Gamechanger für die Autoindustrie werden, wie es bereits Tesla-Chef Elon Musk vor einigen Jahren prophezeite. Das Tempo, mit dem die Hersteller derzeit versuchen, den Automobilmarkt in diese Richtung umzugestalten, ist enorm. Die alten Verbrenner-Modelle dienen nur noch dem Cash-Flow der Unternehmen, nahezu jeder frei verfügbare Cent daraus wird direkt die neue Technologie investiert.
Alles eine Frage der Software
Das autonome Fahren wird die Automobilindustrie früher oder später verändern wie nichts anderes zuvor. Dabei dürften die traditionellen Hersteller vor ihrer größten Herausforderung stehen. Denn Google, Apple & Co. scharren bereits im Hintergrund mit den Hufen und versuchen sich ebenfalls, strategisch geschickt zu positionieren. Die Umstellung auf die Elektromobilität, wie sie VW, Daimler und BMW bisher durchaus erfolgreich gemeistert haben, dürfte sich im Vergleich dazu als ziemlich einfach herausstellen. Der wirkliche Umbruch sind die Software und das autonome Fahren der nächsten Generation. Software-Dienstleistungen für autonome Fahrzeuge werden zu einer wichtigen Säule des zukünftigen Geschäfts der Automobilkonzerne. Deshalb hat sich Volkswagen zum Beispiel in das Software-Startup Argo AI eingekauft, einem Konkurrenten zu Alphabets Waymo, beides Entwickler von Technologien für autonomes Fahren.
Smartcar ist der neue Trend
Autos werden immer intelligenter. Fortschrittlichere Fahr- und Assistenzfunktionen helfen jedem Autohersteller, mehr Fahrzeuge zu verkaufen. Aber intelligentere Autos sind auch ein Segen für Unternehmen aus anderen Branchen, die von diesem Trend profitieren. Die neuen Systeme und Computer verwenden Komponenten von unzähligen Zulieferern, so dass sich eine Zusammenarbeit innerhalb von Branchen, aber auch viele branchenübergreifende Allianzen in Zukunft bilden dürften. Smartcars werden die Nachfrage im Technologiebereich weiter in die Höhe treiben. Bis 2030 könnte der Technologieanteil bereits 50 Prozent des Wertes eines typischen Smartcars ausmachen. Auch für Anleger dürfte dieser Trend in Zukunft viele interessante Investitionsmöglichkeiten bieten – weit weg vom klassischen Auto, dass deshalb auch zu Recht nicht mehr im Mittelpunkt der neuen IAA in München steht.
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